JEAN GENET UND DEUTSCHLAND - Matthias N. Lorenz / Oliver Lubrich (Hrsg.)
Jean Genet und Deutschland - das ist eine Beziehung wechselseitiger Stimulation. So sehr dieser Autor von Deutschland angezogen und abgestoßen wurde, so sehr hat er das deutsche Publikum fasziniert und schockiert. Genets Reise durch das "Dritte Reich" wurde zum Schlüsselerlebnis für sein Leben und Werk. In Deutschland veränderte der Hamburger Zensurprozess um Genets Roman "Notre-Dame-des-Fleurs" die Rechtsprechung zur Kunst. Und der im "Deutschen Herbst" 1977 veröffenlichte RAF-Aufsatz "Violence et brutalité" führte gar zu diplomatischen Verwicklungen. Vor allem im deutschen Theater fand Genet immer wieder einen Ort, an dem seine Werke wirken konnten, während sie andernorts von Tabugrenzen umstellt waren. Dieser Band dokumentiert ein interdisziplinäres Symposium an der Freien Universität Berlin, zu dem die Literaturwissenschaftler Oliver Lubrich und Matthias N. Lorenz anlässlich des 100. Geburtstages von Jean Genet eingeladen hatten. Die Beiträge zeigen, wie Jean Genets radikale Poetik und politische Haltung in der Auseinandersetzung mit Deutschland besonders deutlich werden. Künstlerische Perspektiven eröffnen die Beiträge deutschsprachiger Schriftsteller und Filmemacher wie Josef Winkler, Belmen O und Rosa von Praunheim. Matthias N. Lorenz (Jg. 1973) ist seit 2020 Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover. Veröffentlichungen zur Gegenwartsliteratur und Zeitgeschichte, insbesondere zu Antisemitismus und Zensur in der Gegenwart. Oliver Lubrich (Jg. 1970) ist seit 2011 Professor für Neuere Deutsche Literatur und Komparatistik an der Universität Bern. Er publiziert u.a. zu Alexander von Humboldt sowie zu internationalen Autoren in Nazi-Deutschland: z.B. "Reisen ins Reich 1933-1945" und "Berichte aus der Abwurfzone 1939-1945".